Live am Samstag, 12. Januar 2008

präsentiert von Dizzy Fingers
im Fritz-Henßler-Haus, Dortmund

The Spotnicks - Was für 'ne Band!

Sie machten vor nichts halt, wagten sich heran an überlieferte Volksweisen, Country & Western, Jazz, Blues, Rock and Roll, Chanson, Pop und Beat, Big Band, Klassik, Gospel und Filmmusik. Anfänglich coverten sie gnadenlos, was bereits von den Original-Interpreten und deren großartigen Komponisten (z.B. Ray Charles, Dave Brubeck, Chet Atkins, Don Gibson, Hank Williams, Floyd Cramer, Doc Pomus und Mort Shuman) mehr als gut und erfolgreich war und begaben sich damit aus heutiger Sicht auf's Glatteis. Man muß genau so gut, besser oder anders sein. Aber sie übertrafen alles, was man sich vorstellen konnte. Durch die geschickten Arrangements Bo Winberg's in Verbindung mit Eigenkompositionen und seinem "Spotnicks"-Sound (ermöglicht durch Eigenbau der Verstärker und Modifizierung der Instrumente) interpretierten sie auf ihre einzigartige und unvergleichbare Art und Weise, die sie und Bo Winberg's Spielart letztendlich weltberühmt machten. Der Globus war ihre Bühne. In einigen Fällen waren ihre Arrangements sogar besser als das Original. Die Spotnicks kopieren zu wollen, war fast aussichtslos. Das Repertoire wuchs auf mehr als 700 verschiedene Titel an, ca. 70 Musiker begleiteten die Spotnicks in den letzten 50 Jahren, sie erhielten Goldene Schallplatten. Für die Jüngeren sei hier angemerkt, daß man damals 1.000.000 Vinylscheiben verkaufen mußte, um eine "Goldene" zu bekommen (heute nur noch 1/10). Die Band dürfte aus den Verkäufen und nicht zuletzt auch Bo Winberg aus den Tantiemen als Komponist und Arrangeur(!) satt verdient haben. Die Fangemeinde ist generationsübergreifend, und wir Fans kaufen auch heute die CDs, zumal einerseits die Vinyl-Phase (leider zu unrecht) vorbei sein soll und andererseits wir über's Internet an Material herankommen, was uns vorher möglicherweise durch Unkenntnis verwehrt blieb.

Die grandiose Gitarrentechnik Bo Winberg's mit dem unverkennbaren Spotnicks-Sound ließ mich in viele Konzerte gehen, auch wenn ich Phasen der musikalischen zeitgemäßen Anpassung miterlebte, die nicht so meinem Geschmack entsprach. Dennoch beinhalteten diese Konzerte ausnahmslos auch einen großen Block mit den Songs und mit dem Sound, der sie berühmt machte und der Grund für meine Besuche war.

Selbstverständlich ging ich auch zur "50 Jahre Spotnicks - Party" und in das Konzert am 12. Januar in Dortmund. Hier ist erst einmal ein großer Dank an Bernd Weber und seinen Helfern auszusprechen, die eine außerordentlich angenehme Atmosphäre geschaffen haben (u.a. auch sehr moderate Preise im Cafe und ein Raucherzelt!), um die Zeit bis zum Auftritt der Spotnicks kurzweilig erscheinen zu lassen. Erleichtert wurde das durch die angenehmen Gespräche mit Spotnicks-Fans, die wir uns schon vorher kannten (sei es durch Brief, email oder auch persönlich) oder die mich aufgrund meiner homepage ansprachen. Es war eine große Familie.

Die Tür zum Saal ging auf, die UB Hank Band als Vorgruppe spielte den Shadows-Titel "Happy Birthday To You" von der LP/CD "Cliff Richard - 21 Today", aber mit einem Amapola-Intro im Spotnicks-Stil.

Nach dem herausragenden und perfekten Auftritt der "UB Hank Band" kam von mir der Spruch: "Das müssen die Spotnicks erst einmal toppen", und das war fast wie ein schlechtes Omen.

Douglas Möller, Steven Ericsson und Bob Lander kamen mit Bo Winberg auf die Bühne, der auch das Publikum begrüßte.

Dann "Plug-In", Gitarren in den Verstärker, und die Spotnicks spielten. Ja, das war's dann auch - sie spielten. Von dem berühmten Spotnicks-Sound war nichts zu hören. Bo Winberg spielte zwar meistens einwandfrei, aber der Sound kam nicht rüber. Nach einigen Anweisungen von Bo an den Tontechniker wurde es aber auch nicht besser. Nun denn, die erste Stunde ging vorbei, aber bei mir ist nichts geblieben, weil ich mich gelangweilt habe. Gesehen habe ich einen Douglas Möller, der zwar recht gut an der Gitarre war, aber die visuellen Showeffekte brachten das Gehör durcheinander. Außerdem hatte ich den Eindruck, daß Douglas einen Gitarrenwettbewerb gegen die anderen startete; er "machte sein eigenes Ding".

In der Pause wollten einige wegen der schlechten Darbietung nach Hause fahren. Ich entschloß mich, dennoch zu bleiben, in der Hoffnung, die Probleme mit der Tontechnik würden in der Pause behoben, zumal Bo's Gitarre auch viel zu leise verstärkt wurde.

Während des Konzerts spielte Bo das Stück "Last Date". Ich habe die Augen zugemacht, zugehört und plötzlich die Gedanken gehabt: "was würde Floyd Cramer dazu sagen?" ... oder nach Melanie Safka: "What have they done to my song". Ich konnte bei dem Stück auch keine sogenannte "eigene Interpretation mit neuer Variation" erkennen, es war einfach nur hundsmiserabel gespielt. Aber das ist es nicht alleine, und ich übe auch keine Kritik daran, wenn einer mal die falschen Töne trifft, das ist eben normal, menschlich und live. Zusammenfassend richtet sich meine Kritik in erster Linie an die Sound-Gestaltung. Bo's Gitarre hatte im Zusammenspiel sämtlicher Musiker nicht einmal die adäquate Lautstärke, Douglas Moeller machte zwar mit seiner Gitarre seine "eigene Fete", und Bo's Gitarre war nur bei ganz wenigen Titeln, z.B. "Midnight Special" und "Hot Toddy" im [nostalgischen Stil] oder "If you could read my mind" im neueren Stil einfach grandios. Ja - aber das war's. Bei "Midnight Special" hingegen glänzte zwar Bo Winberg, aber Bob Lander lümmelte das Lied flapsig herunter. Die anderen Titel wurden lieblos und gelangweilt gespielt. Bo erschien mir absolut gestreßt und er vermittelte mir den Eindruck von grandioser Kraftlosigkeit.

Es wurden viele Vocals dargeboten, ich hatte den Eindruck, hier würde die Doppel-CD "40 Vocals" promoted.

In diesem Konzert spielten sie in derselben Besetzung wie 2004. Bob Lander hat neben seinem hervorragenden Gitarrespiel eine für den Spotnicks-Sound maßgeschneiderte Stimme - das ist eine Einheit. Ebenso der präzise gespielte satte Baß von Stefan Ericsson in der Harmonie mit den drums von Fredrick Oscarsson - einwandfrei.

Aber all das vermißte ich an diesem Tag, zumal der gesamte Sound wie ein dicker Brei mit zu vielen unbewältigten Noten klang. Was ging nur an diesem Tag schief?

Vielleicht war es ja auch so gewollt, denn Bo Winberg äußerte 2007 bereits, daß es etwas seltsam und auch ein wenig krank ist, zu glauben, daß alles so zu bleiben hat, wie es einst begann.

Somit bin ich mit falschen Voraussetzungen in das Konzert gegangen. Dennoch bin ich froh, daß ich wohl zu einer einzigen Gruppe Gratulanten gehörte, nämlich der Gemeinschaft des zahlenden Publikums.

Jetzt, mehr als 8 Wochen nach der Veranstaltung, bin ich noch immer riesig enttäuscht und wütend, und so bleibt mir nur noch zu sagen:

Basta, das war's!

Wolfgang Zschauer - 17.3.08

Hier sehen Sie Bilder vom Konzert am 12.1.08